Ampelos, Weinanbaugebiet, Rhein

„Wer redet da so schlecht über mich? Ach sieh mal einer an! Wenn das nicht die verunsicherten Zwillinge Gregorian und Marian sind! Hey, ihr Frechdachse, passt jetzt mal gut auf! Gleich macht es Simsalabim und Hokuspokus! “, sprach der tote Ampelos. Gregorian, der genauso wie sein Bruder nur mit dem Kopf schüttelte, dachte: „Simsalabim und Hokuspokus. Dass ich nicht lache! Ich kann mir nicht helfen, aber dieser Ampelos ist wirklich  verrückt.“

Kurze Zeit später rief Marian: „Schau mal! Ampelos verwandelt sich und zwar in eine Weinrebe. Das nennt man dann wohl eine Metamorphose. Mensch, ist das beeindruckend!“  „Ja Bruderherz, da hast du schon recht. Aber was in Gottes Namen soll uns das jetzt sagen?“ „Keine Ahnung. Aber, wenn ich das richtig sehe,  ist hier außer uns beiden keiner, den wir fragen könnten.“  „Verflixt und zugenäht! Warum zum Henker hat uns Melampus denn hierher geschickt?“

Als die Metamorphose des Ampelos in eine Weinrebe vollständig beendet war, sollte es damit aber nicht gewesen sein. Nein. Es entstanden noch viele weitere Weinreben und innerhalb einer halben Stunde ein ganzes Weinanbaugebiet am Rhein. Die Zwillinge staunten nicht schlecht. Mit leuchtenden Augen und geöffnetem Munden standen sie da und schauten sich die wunderschöne Landschaft ganz genau an. Beide hatten denselben Gedanken und schrieen ihn in die Welt hinaus: „Einfach nur faszinierend!“ Marian meinte: „ Nicht zu fassen! Ist doch aus dem blöden Ampelos so ein eindrucksvolles Weinanbaugebiet geworden! Da fehlen einem glatt die Worte! Wahnsinn!“

„Sieh mal da Marian! Zwischen diesen beiden Weinreben liegt eine Leiche und das ist definitiv nicht Ampelos“ „Eine Person, die auf dem Gesicht liegt und ein pinkes T-Shirt trägt, auf dessen Rückseite in blauer Farbe Stenegall zu lesen ist.“ „Ich denke, wir sollten die Person mal umdrehen“ Als die Zwilinge auf der Vorderseite des T-Shirts Henny lesen konnten, fiel Marian auf : „Von einem Henny Stenegall, der den Brief geschrieben hat, hat Melampus doch erzählt.“ „Ganz genau und auf der Armbanduhr aus der Höhle steht auch Henny Stenegall.“

„Wer genau ist Henny und warum ist diese Person jetzt tot?“ „Henny muss in dieser Höhle gelebt haben“ „Davon gehe ich auch aus“ „Ich bin mir irgendwie nicht ganz sicher, ob Henny ein Mann oder eine Frau ist“ „Zugegeben das kann ich dir auch beim besten Willen nicht sagen“ „Diese Person gibt nur Rätsel auf. Warum liegt sie hier?“ 

„Irgendwie finde ich es sonderbar, dass Henny ein T-Shirt mit dem Namen drauf trägt“ „Ja schon seltsam. Normalerweise trägt Henny Togas. Zumindest gehe ich davon aus. Ich glaube, dass das T-Shirt  Henny irgendjemand angezogen hat, damit die Person, die ihn*sie findet, weiß, wie der*die Tote heißt.“ „Damit könntest du recht haben. Der Mörder kommt da allerdings wohl eher nicht in Frage.“ 

„Also so langsam habe ich das Gefühl, das hier irgendwer Spuren für uns legt. Wir beide sollen irgendetwas herausfinden.“

Da ist auf einmal wieder die Stimme von Ampelos zu hören: „Ganz richtig erkannt. Dionysos legt Spuren für euch. Ich bin nicht nur ein Trottel für euch, sondern kann euch auch eine wahre Hilfe sein. Dieses Weinanbaugebiet gehört eurer Mutter und euch beiden“ 

Sofort unterbrach Marian Ampelos: „Und was ist mit unserem Vater?“ Ampelos erwiderte dahin gehend „ Der ist doch verschwunden oder liege ich da falsch?“ Darauf entgegnete Gregorian zögerlich: „Ja schon, aber er kommt doch wieder, oder etwa nicht?“ Ampelos’ Reaktion fiel nun äußerst frech aus: „Wieso sollte der denn wiederkommen? “

Marian schaute Ampelos ganz grimmig an: „Willst du uns schon wieder verunsichern?“ „Nein, auf gar keinen Fall. Niemals im Leben würde ich auch nur daran denken, wieder irgendeinen zu verunsichern. Ich bin doch jetzt kein Satyr mehr, sondern ein  einzigartiges Weinanbaugebiet. Ich kann euch Brief und Siegel geben, dass euer Vater nicht wieder zu seinen Familien zurückkehren wird.

Eure Mutter und ihr beiden werdet den kleinen Bauernhof aufgeben und zu Winzern werden. Euer neues Haus befindet sich wenige Meter von ihr entfernt. Dort wohnt momentan noch der Architekt Raimund. Er wandert aber in einer Woche nach Uruguay aus. Weiß der Geier, was er der will! Er stellt euch das Haus zur Verfügung.

Gregorian, du wirst diese neue Arbeit mit Leib und Seele ausführen. In wenigen Wochen wirst du die gleichaltrige Penelope kennenlernen. In zwei Jahren wirst du Penelope heiraten und sie wird bei euch einziehen. Marian, du wirst zu diesem Zeitpunkt ausziehen und dich mit Hermes’ schnellem Gefährt  auf den Weg nach Peru machen. Frag mich nicht, warum ausgerechnet Peru. Anscheinend glaubt jetzt jeder sein Glück in Südamerika zu finden. Das Winzern bereitet dir keine Freude. In drei Jahren bekommen Gregorian und Penolope dann ihr erstes Kind Anaea. 

Gregorian und Marian hören Ampelos aufmerksam zu und verstehen die Welt jetzt überhaupt nicht mehr. Dann gab Gregorian Widerworte: „ Jetzt mal zum Mitschreiben: Ich möchte kein Winzer werden, sondern ich bin jetzt schon Landwirt und bleibe auch einer. Heiraten und Kinder  möchte ich defintiv auch nicht.“ 

Marian überlegte noch etwas und meinte dann: „Peru hört sich gar nicht so schlecht an. Aber warum erst in zwei Jahren? Hermes’ Gefährt kann mich bestimmt auch schon jetzt hinbringen.“ Ampelos entgegnete ihm: „Könnte es schon, aber so ist es halt nicht vorgesehen.

Erstmal müsst ihr beide jetzt herausfinden, um wen es sich bei Henny Stenegall handelt. Euch bleibt nur noch eine Woche Zeit, denn dann steht der Umzug an“ Gregorian war sich recht sicher: „Wenn du all diese Sachen über uns weißt, dann  kannst du uns doch bestimmt auch sagen, wer Henny Stenegall gewesen ist“ „Nö, das kann ich nicht.“ 

Die Zwillinge warteten ein bisschen und dachten nach. Gregorian fiel auf, dass Marian mit seinen Gedanken ganz woanders war: „Sag mal Marian, hast du eigentlich auch zu Kenntnis genommen, dass Ampelos vorhin von Familien in Bezug auf unseren Vater sprach? Ist das nicht äußerst merkwürdig?“

Ampelos hatte mit Absicht von Familien gesprochen. Dabei handelte es sich um eine weitere Spur. Ampelos war sehr froh, dass Gregorian das bemerkt hat. Marian dagegen war mit seinem Kopf bereits in Peru und er hatte auch nichts festgestellt. 

Nun teilte Ampelos den Zwillingen das weitere Vorgehen mit: „Ihr geht jetzt über diese Rheinbrücke. Wenn ihr auf der anderen Seite angekommen seid, seht ihr geradewegs eine Ergotherapiepraxis. Schaut, was ihr erfahrt, wenn ihr sie betretet!“

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