Was bedeutet Sport?
Bei einer genaueren Betrachtung stellt sich heraus, dass es gar nicht so eindeutig ist, was unter Sport verstanden wird. Wir sind in der Lage zu erkennen, was Sport ist, wenn wir ihm begegnen; ihn allerdings begrifflich abzugrenzen, erweist sich als ungleich schwerer. Sport offenbart sich uns in den unterschiedlichsten Zusammenhängen, worauf schon die Vielzahl begrifflicher Komposita einen Hinweis geben – wie Schulsport, Vereinssport, Freizeitsport, Gesundheitssport, Breitensport, Leistungssport, Spitzensport, Wintersport, Wassersport, Motorsport, Denksport oder E-Sport. Sport ist heutzutage ausdifferenziert in verschiedene Sportarten. Bereits die Disziplinen in der Leichtathletik, im Schwimmen oder Geräteturnen veranschaulichen die Bandbreite dessen, was wir unter Sport einordnen.
Eine ontologische Wesensbestimmung des Sports ist geltungstheoretisch problematisch und auch eine phänomenologische Beschreibung erscheint wegen der Vielgestaltigkeit der Erscheinungsformen des Sports kaum als passende Basis für eine Abgrenzung des Begriffs. Des Weiteren führt der Versuch, einen Zugang zum Sportbegriff über die Motive, Absichten oder Zwecke des*der Sporttreibenden zu gewinnen, nicht zu einer trennscharfen Erfassung. Individuell verschiedene, multifaktorielle Motivationsgründe können in unterschiedlichem Ausmaß zusammenwirken (Segets 2020).
Eine Begriffsgeschichte des Sports und seiner verwandten Begriffe liegt noch nicht vor, auch wenn mehrere Versuche unternommen wurden, Sport zu definieren. Festzuhalten ist aber, dass sich der Begriff Sport tatsächlich erst seit der Neuzeit verbreitet hat. Zu anderen Zeiten und in anderen Kulturen wurden (und werden immer noch) auch andere Begriffe für Inhalte und Erscheinungsformen von Leibesübungen aller Art benutzt.
Wenn Autor*innen kulturhistorischer Arbeiten, welche sich systematisch, theoretisch und historisch mit Leibesübungen und Körperkulturen in Zeiten und Räumen auseinandersetzen, in denen der Begriff des Sports weder als Wort noch als Phänomen geläufig war und dennoch den Begriff Sport verwenden, hat dies u.a. heuristische Gründe. Es mag das Verständnis eben jener fremden Körperkulturen erleichtern, indem durch einen modernen, zeitgenössischen Begriff – Sport – Analogien nahegelegt werden. Reflexionen dieser Analogien werden allerdings meistens nicht vorgenommen, obwohl Sport für die Menschen in der Gegenwart sowohl als Begriff als auch als Inhalt und Phänomen eine andere Bedeutung aufweist als für Menschen aus anderen Zeiten und Räumen.
Etymologisch gesehen geht das Wort Sport auf das lateinische Verb deportare „wegschaffen, wegbringen“ zurück und bedeutete im übertragenen Sinn „sich vergnügen“ oder „zerstreuen“. Der spanische Philosoph Ortega y Gasset hat aus diesem lateinischen Ursprung des Wortes de porto abgeleitet, dass damit „das Leben im Hafen“ gemeint gewesen sei, welches durch andere Tätigkeiten gekennzeichnet sei als das anstrengende Leben der Seeleute auf dem Meer, nämlich durch Vergnügungen, Abwechslungen, Spielen, besonders körperlichen Spielen.
Diese These vom Ursprung des Sports und der Kultur im Reich des Überflüssigen und Zwecklosen trägt der spanische Philosoph 1954 beim Bundestag des Deutschen Sportbundes in Düsseldorf vor. Der Staat habe einen „sportlichen Ursprung“. Sein Sinn und der des menschlichen Lebens und der menschlichen Kultur überhaupt bestehe letztlich nicht im Tun des Nützlichen und Notwendigen, sondern vielmehr im Überflüssigen und im Sport, welcher das eindeutigste Beispiel für „zweckfreie Anstrengung“ sei.
Nach wie vor trägt der Sport hauptsächlich zur Freizeitbeschäftigung bei, bereitet Vergnügen und Spaß, ist aber auch anstrengend (für Akteur*innen) und spannend, besonders für die Zuschauer*innen. Zumeist weist er einen wettbewerblichen Charakter auf und ist nicht nur Teil der großen Freizeit- und Unterhaltungsindustrie, sondern auch des Schul-und Bildungswesen, der Wissenschaften und zahlreicher anderer Bereiche des öffentlichen Lebens geworden. Zum einen bezieht sich Sport auf die Akteur*innen und Produzent*innen, zum anderen aber auch auf die Zuschauer*innen und Konsument*innen.
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich zunehmend ein weiter Sportbegriff durchgesetzt. Dies zeigt sich u.a. an den Titel von Gesamtdarstellungen, Lexika, Handbüchern, Enzyklopädien sowie Kulturgeschichten des Sports (Krüger 2022).
Fairness
Der Begriff Fairness ist im alltäglichen Sprachgebrauch und auch in den Medien recht geläufig. Daraus kann der Schluss gezogen werden, dass sich wohl jeder unter diesem Wort irgendetwas vorstellen kann. Um so überraschender ist deshalb die Tatsache, dass sich in der sportwissenschaftlichen Literatur keine grundlegende, allgemein anerkannte Definition finden lässt (Reichmann 2021).
Fair leitet sich vom altenglischen Adjektiv fæger ab und bedeutet „schön“. Ihm entspricht das althochdeutsche Wort fagar, das so viel wie „blendend“ heißt. Während das englische Adjektiv seiner Sprache bis heute erhalten bleibt, verschwindet der Begriff im Deutschen. Im Laufe der Zeit bekommt das Wort faeger weitere Bedeutungen: im 12.Jahrhundert „frei von Makel“ und im 16.Jahrhundert „licht, hellfarbig, sowie blond“. Erst im 19.Jahrhundert taucht das Wort erstmals im englischen Sport auf.
Bei fair handelt es sich also ursprünglich um ein ästhetisches Attribut für Wettstreit. Es dient zur Beschreibung eines anständigen Verhaltens in einer gehobenen Gesellschaft.
Im viktorianischen England könnte die Fairness ihre inhaltliche Ausformung erfahren haben. Dazu gehören die Herstellung und Festlegung von Chancengleichheit, die freiwillige Unterwerfung unter die Regeln und die Achtung der Gegner*innen als Partner*innen. Zu dieser Zeit betreibt die englische Oberschicht Sport als reinen Selbstzweck. Sie wollte die Arbeiterklasse vom Sport fernhalten.
Um 1920 erfolgt die soziale Öffnung des Sports. Nun nutzt die Arbeiterschicht den Sport zum sozialen Aufstieg. Es kommt immer mehr zur Ausschöpfung des Fair-Play-Gedankens. Die Fairness wird in Folge des erhöhten Leistungsdrucks, der Show und des Erfolgs immer mehr in den Schatten gestellt. Aus dem Sport entsteht ein gesellschaftliches Ereignis, welches immer mehr Zuseher*innen anzieht und die Stadien füllt. Geschäftsleute, welche als Sponsor*innen in Frage kommen, sind schnell ausfindig gemacht. Auch die Wirtschaft signalisiert starkes Interesse am Sport. Seit dem Jahr 1936 ist vermehrt eine Politisierung des Sports festzustellen. Der Druck auf die Sportler*innen wächst immer weiter (Gallistl 2013).
Bei einer Analyse der Gebrauchsvarianten des Wortes fair von 1965 werden dreizehn verschiedene Gruppen unterschieden. Der Begriff findet in so unterschiedlichen Zusammenhängen wie z.B. in Berichten über den damals für Aufsehen erregenden Conterganprozess oder in Zollvorschlägen an die USA Verwendung. Die Bandbreite reicht von Beachtung der geschriebenen und ungeschriebenen Gesetze und Spielregeln bis zu großzügig, objektiv oder tolerant.
Die Verwendung des Begriffs beschränkt sich längst nicht mehr auf den Sport, sondern er hat sich auf beinahe alle Situationen zwischenmenschlicher Beziehungen ausgedehnt. Somit ist es auch nicht verwunderlich, dass in wissenschaftlichen Interpretationen der Fairness eine ähnliche Bedeutungsbreite anzutreffen ist. In fast jedem Werk, das die Fairness zu definieren probiert, tauchen neue Aspekte von ihr auf. Einige Autor*innen betonen die Vielschichtigkeit, Unbestimmtheit, ja Undefinierbarkeit des Phänomens Fairness(Reichmann 2021).
Mittlerweile erfreut sich die Fairness über viele Handlungsregionen, die den Menschen betreffen. Sogar im Supermarkt ist von fairen Preisen die Rede und auf Autobahnen findet man den Hinweis „Fahr fair“. Also nicht ausschließlich im Sport spielt Fairness eine entscheidende Rolle. Es könnte ein Hinweis sein, dass im alltäglichen Leben zu wenig Wert auf Fair-Play gelegt wird. Weil der Begriff in so vielen Bereichen Verwendung findet, fungiert er als Wert, Prinzip und Tugend (Gallistl 2013).
Es gibt auch einige Autor*innen, welche versuchen, das Phänomen genauer einzugrenzen. Bei ihnen scheint sich die Unterscheidung in eine formelle und eine informelle Betrachtungsweise der Fairness als fruchtbar erwiesen zu haben:
Das formelle Fairness-Gebot umfasst die Spielregeln, die allen Beteiligten gleiche Erfolgschancen garantieren sollen. Das informelle Fairness-Gebot geht in der Weise darüber hinaus, dass es eine über den Wortlaut der Regeln hinausgehende sittliche Einstellung gebietet. Regeltreues Verhalten bedeutet demnach gleichzeitig noch nicht, auch im informellen Sinne, fair zu agieren.
Es besteht aber durchaus auch die Möglichkeit, das formelle und informelle Fairness-Gebot anders inhaltlich zu füllen. So ist eine Weiterfassung des formellen Fairness-Gebotes möglich, indem es neben der Regelgetreue im engeren Sinne noch Vereinbarungen über bestimmte, den Sportbetrieb regelnde Institutionen (z.B. den Schiedsrichter), die Gleichheit der Wettkampfbedingungen und die Anerkennung der Tatsache, dass der Wettkampf eben ausschließlich ein Spiel und der*die Gegner*in kein*e Feind*in, sondern ein*e Partner*in ist, beinhaltet.
Das informelle Fairness-Gebot kann auch tiefergreifend verstanden werden, z.B. auf die Weise, dass es einer allgemein-sittlichen Ideal-Haltung nahekommt, das in keiner Regel erfasst werden kann. Trotzdem ist dieses ethische Ideal im Zusammenhang mit der agonalen sportlichen Situation, mit der Einführung der Regeln und des Sinnes des Wettkampfes etc. zu betrachten. Somit handelt es sich beim informellen Gebot nicht um eine sachliche Erweiterung des formellen Fair-Play-Gebotes, sondern es basiert auf einer vertiefenden Reflexion und auf einer Verbindung mit dem allgemeinen Geist des Sports und verwandten allgemein-sittlichen Haltungen. Solche Haltungen können Aufrichtigkeit, Bescheidenheit, Toleranz, Selbstzucht und Ritterlichkeit sein (Reichmann 2021).
Fairness stellt die zentralste moralische Kategorie im Sport dar. Es ist möglich verschiedene Arten, Bereiche und Problemfelder von Fairness auszumachen. So können z.B .folgende drei Arten der Fairness differenziert werden:
- Fairness gegenüber Regeln im Sinne der Regeltreue
- Fairness gegenüber anderen, egal ob Mitspieler*innen, Gegner*innen und Zuschauer*innen
- Fairness gegenüber sich selbst (Gallistl 2013).
Fairness ist die Tugend des Sports. Sie stellt die moralische Haltung dar, durch die zum einen das Reglement im Einzelnen, zum anderen die sportliche Einstellung als solche gewahrt werden. Durch Fairness sichert das Individuum aus eigenem Antrieb den Sinn von Wettkampf und Spiel.
Des Weiteren ist es auch notwendig, Fairness nicht nur vom Sportler*in, sondern ebenso von Funktionär*innen, Organisator*innen, Journalist*innen und Zuschauer*innen zu fordern (Reichmann 2021).
Zu guter Letzt bietet der Sport auch vielfältige Möglichkeiten, Fairness und Teamgeist einzuüben, vor allem wo im Mannschaftssport Zusammenwirken verlangt wird und jede*r Beteiligte zum Zuge kommen soll. Wo im Training einzelne Techniken trainiert werden, unterstützen sich die Trainierenden oft gegenseitig. Im Vereinssport ergeben sich bereits für junge Menschen Gelegenheiten, für begrenzte Bereiche Verantwortung zu übernehmen (z.B. Mitwirken an Fahrten, Festen, Unterstützung der Trainer*innen) und selbst in Leitungsfunktionen etwa als Trainer*in hineinzuwachsen.1
Fair–Play
Der Begriff des Fair Plays geht mit dem der Fairness einher, wird jedoch durch den zwischenmenschlichen Aspekt vervollständigt.
Unter Fair Play ist nicht nur das Einhalten von Spielregeln zu verstehen, sondern es umschreibt vielmehr eine Haltung des*der Sporttreibenden: der Respekt vor dem*der sportlichen Gegner*in und die Wahrung seiner physischen und psychischen Unversehrtheit. Ein*e Sportler*in, der*die vom anderem her denkt, verhält sich fair.2
Bei Fair Play handelt es sich um einen Ausdruck einer menschlichen Haltung, welche sich im achtsamen Verhalten gegenüber sich selbst, gegenüber anderen, aber auch gegenüber der Um-und Mitwelt zeigt. Fair Play beweist sich im Sport, jedoch nicht ausschließlich. Faires Verhalten setzt gewisse Fähigkeiten voraus, wie beispielsweise Achtsamkeit, Ehrlichkeit, Selbstvertrauen, Rücksichtnahme, Verlieren können und Einfühlungsvermögen.3
Fair Play bedeutet auch:
- Gleichheit der Wettkampfbedingungen und Chancengleichheit
- Achtung der Gegner*innen als Menschen und Partner*innen
- Strenge Einhaltung der Regeln und Wettkampfbestimmungen.
Das Fair-Play-Prinzip gehört im Sport einfach dazu. Es reguliert menschliches Leisten in Konkurrenzsituation auf humane Weise. Die Grundlage für dieses Prinzip bildet das Vertrauen. Hierbei geht es beispielsweise um das Vertrauen, dass die Gegner*innen keine Dopingmittel konsumieren. Zusätzlich sind Kontrollen vonnöten. Bei Kontrolle und Vertrauen handelt es sich nicht um unvereinbare Alternativen. Vertrauensbeweise müssen immer wieder erbracht werden, somit kommt es zu einer Verstärkung des Vertrauens. Ein generalisiertes Vertrauen leistet einen Beitrag zum Zusammenhalt der Gesellschaft und hilft somit das Dopingproblem zu bewältigen. Die Durchsetzung erweist sich jedoch in der heutigen Gesellschaft als eine Herausforderung. Fair-Play stellt das moralische Prinzip des Sports dar (Gallistl 2013).
Quellen:
1 https://ethik-lexikon.de/lexikon/sport, abgerufen am 14.08.2023.
2 http://www.sportunterricht.de/fairplay/fairdekla.html, abgerufen am 14.08.2023.
3 http://www.sportunterricht.de/fairplay/zehngrunsaetzefair.html, abgerufen am 14.08.2023.
Gallistl, Sabrina (2013), Die Kategorie „Fair“ (Fair-Play, Fairness) aus sportethischer Perspektive zur Diskussion gestellt. Ein Beitrag zur Dopingsensibilisierung im Spitzensport, Diplomarbeit, Wien.
Krüger, Michael (2022), Sport – Begriff und Geschichte. (Historische und internationale) Sportbegriffe, in: Güllich, Arne / Krüger, Michael (Hgg.), Grundlagen von Sport und Sportwissenschaft. Handbuch Sport und Sportwissenschaft, Berlin / Heidelberg, 23–38.
Reichmann, Ulrich (2021), Fairness im Sport. Zur Begründung einer Pädagogik der Fairness. Ihre humanwissenschaftliche Verortung zwischen Diskursphilosophie, empirischer Moralpsychologie und erprobter Moralpädagogik, Münster.
Segets, Michael (2020), Einführung in die funktionale Sportethik und ihre Problemfelder, Reihe: Reflexive Sportwissenschaft, Band 10, Berlin.
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